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Religion & Glaube > Tierkult & Heilige Tiere

Heilige Tiere im alten Ägypten

Auf besondere Art und Weise nämlich als Bild- und Lautzeichen gingen die Tiere sogar in die altägyptische Schrift ein.
Vor allem in den religiösen Glaubensvorstellungen waren zahlreiche Tiere eingeflochten und somit unverzichtbarer Bestandteil. Tiere waren auch unentbehrliche Nahrungslieferanten zu allen Zeiten.

Tiere im Alten Ägypten waren allgegenwärtig: in der freien Wildbahn, am / im Nil, in der Landwirtschaft, in der Schrift, in der Religion bis hin zum Totenkult sowie in künstlerischen Darstellungen.

Abb. links: Die Himmelskuh


All dies zeigen uns die unzähligen Tierdarstellungen auf Hinterlassenschaften der alten Ägypter wie: Reliefs, Stelen, (Grab-)Malereien, Papyri, Schmuck oder auch Gebrauchsgegenstände. Gleichfalls als Statuen, Statuetten oder Amulette sind Tierformen eindrucksvoll dargestellt.

Schon in frühester Zeit fanden sich verschiedene Tiere als Zeichen der einzelnen Gaue auf Standarten, die sogenannten Standarten-Tiere. Abbildung links.


Genauso erwähnenswert sind natürlich auch die zahlreichen Tiernekropolen, z.B. die riesige Nekropole bei Tuna el-Gebel oder die Tiernekropole von Sakkara, mit ihren Hunderttausenden von Tiermumien, welche ihr ihriges zur Erhellung der damals existierenden Tierarten und -kulte beitragen.

Abb. oben: Darstellung von Rindern, im Grab des Nebamun.
British Museum, London. (Foto: Anja Semling)


Viele Tiere im alten Ägypten wurden als Träger
göttlicher Kräfte angesehen

Die Tierwelt Ägyptens ist insofern sehr interessant, weil viele Tiere im Alten Ägypten als heilig verehrt wurden, denn auch in ihnen fand die Göttlichkeit ihren Sitz, "wohnte" in ihnen. Einerseits stellte der Ägypter das Tier auch ohne direkten Bezug zu religiösen Glaubensvorstellungen bildhaft dar, andererseits nahm das Tier einen so großen Platz in der Religion ein, dass manch einem ein ganzer Kult zuteil wurde; mit Tempel und Bestattungsritual. Das beste Beispiel hierfür sind die heiligen Stiere von Memphis, die Apis-Stiere, aber auch der Mnevis-Stier (in Heliopolis) und Buchis-Stier (in Armant) – welche sogar eine Inthronisation erfuhren. Diese Stiere wurden an Tempeln gehalten und als Götter angesehen, während andere Tiere lediglich heilig waren. Der lebendige Apis-Stier wurde schon seit frühester Zeit als göttlich verehrt, dieser war ein uralter zentraler Sedfestgott der königlichen Erneuerung und des königlichen Erscheinens. Diese heiligen Stiere werden als "Ba" ("sichtbare Seele") des jeweiligen Tempelgottes interpretiert. Der Apis-Stier wäre somit der "Ba" des großen Gottes Ptah und der Mnevis-Stier, der "Ba" von dem großen Sonnengott Re.

Die große Anzahl an weiteren prägnanten Tiere war nicht minder prägend in der altägyptischen Religion, wie die zahlreichen zeitgenössischen Funde belegen. Viele Tiergötter wurden in ganz Ägypten verehrt und nicht nur in lokal begrenzten Gebieten; so z.B. der Falkengott (Symbol des Königtums) oder der Apisgott; diese waren mit zahlreichen Statuen und Standarten an allen religiösen Zentren Ägyptens vertreten. Manche Tiere wurden von den Ägyptern im Bereich der heiligen Tiere bevorzugt, nämlich der Stier, der Falke, oder das Krokodil.

Und Tiere begleiteten die Menschen im Alten Ägypten bei vielen religiösen Handlungen und Ritualen. Am Tempel wurde ein Kultzyklus in Gang gesetzt sobald das lebende heilige Tier dort gehalten wurde.

Abb. links: Falken-Gottheit

Herodot über die Tiere Ägyptens

»Ägypten grenzt zwar an Libyen, ist aber nicht reich an wilden Tieren. Doch die da sind, gelten alle als heilig, und die einen leben unter den Menschen, andere nicht. Weswegen sie aber für heilig gelten – würde ich das erzählen, dann würde meine Darstellung in die göttlichen Dinge eindringen, und das zu enthüllen sträube ich mich durchaus. […]
Und tötet jemand eins von diesen Tieren, steht darauf der Tod, wenn er's absichtlich tat, wenn aber unabsichtlich, hat er eine Strafe zu zahlen, wie die Priester sie festsetzen. Wer aber einen Ibis oder einen Falken tötet, der muß sterben, ob es nun absichtlich oder unabsichtlich geschah. […]«


Außerdem kann man festhalten, dass die alten Ägypter Tiere liebten und ihnen großes Interesse entgegenbrachten; wohl wie kaum ein anderes Volk aus der alten und neuen Welt. Im Alten Ägypten gab es eine vielfältige Fauna; auch heutzutage noch, wobei allerdings einige Tiere nicht mehr in freier Wildbahn zu finden sind.
So z.B. das Krokodil, das weit in den Sudan zurückgedrängt wurde. Löwen, Strauße, Giraffen und Nilpferde haben sich längst in die äquatorialen Gebiete Afrikas zurückgezogen. Und die Elefanten, von welchen es in der prädynastischen Zeit noch zahlreiche gegeben hat, verschwanden ebenso längst aus Ägypten. Das typische Dromedar in Ägypten kam übrigens erst sehr viel später ins Land; nicht vor der Ptolemäerzeit.

Tiere, die im Alten Ägypten anzutreffen waren, gliedern sich in Gruppen wie:
Prozessions-Tiere, domestizierte Tiere, Nutz-, Wild- und Opfertiere, mumifizierte Tiere und somit "heilige" Ritualtiere.


Die Ägypter brauchten Tiere zur Nahrungsbeschaffung, sie hielten Tiere, z.B. Geflügel und Rinder oder machten in freier Wildbahn Jagd auf sie. Gefischt wurde auch. Außerdem züchteten sie bestimmte Tiere für rituelle Zwecke.

In der pharaonischen Zeit lebte im Niltal und an den Rändern zur Wüste eine exotische Fauna:
Löwe, Gepard, Wüstenfuchs, Luchs, Schakal, Chamäleon, Widder, Kuh, Hyäne, Wildkatze, Wildhund, Pavian, Antilope, Oryx, Gazelle, Steinbock, Wildschweine, Wildesel, Ziege, Rind; am / im Nil: Krokodil, Nilpferd, Schildkröte, Fischotter, Frosch, Ichneumon, diverse Fische (z.B. Nilbuntbarsch); Vögel: Ibis, Reiher, Falke, Geier, Schwalbe, Kranich, Flamingo, Storch, Eule, Spatz, Ente, Gans, u.a.; Schlangen: Kobra, Wasserpython, Hornviper; Kleintiere: Hase, Igel, Stachelschwein, Ratten, Mäuse, Wüstenschnecken; Insekten: Biene, Skarabäus, Skorpion, Heuschrecken; u.a.

Abb. oben: Kultnische unterirdisch in der berühmten Tier-Nekropole von Tuna el-Gebel (heutiger Name), wo Millionen von Tieren, vorwiegend Ibisse und Paviane, bestattet wurden. (Foto: Tuna e.V.)


Tierkult

Ein prägendes Element in der Religion

Schon in frühester Zeit (prädynastische Zeit) erlebt der Ägypter die Gottheiten in einer großen Anzahl an Tieren, weit mehr als in Anderem. Die Verehrung von Göttern in lebenden Tieren wurde gar zum Kult. Der Ägypter sah bestimmte und unterschiedliche Eigenschaften in Tieren, von denen er glaubte, dass diese göttliche Wesenszüge seien.

Die Gottheit erwählte sich – nach dem Glauben der alten Ägypter – im Tier ihren Sitz. Insofern wird das Tier lediglich zum Medium, nicht aber zum Gott selbst.

Abb. rechts: Schlange (Gott Apophis) und Kater (Gott Re)


Genau genommen wird nicht das Tier verehrt sondern die in im innewohnende Göttlichkeit. Die Ägypter verehrten aber auch tote Objekte (im Sinne von Materie; ein Abbild), wie z.B. Kronen oder (Tier-)Statuen. Mit dieser Verehrung sollte man die Tierverehrung allerdings nicht gleichsetzen; schließlich trugen die Tiere Leben und Empfindungen in sich.
Doch gerade wegen dieser Beseeltheit des "Kultobjekts" konnte die Gottesverehrung verständlicherweise nicht mehr nur auf das Bild des Tieres projeziert werden, sondern auf das Tier als Solches selbst. Und somit wäre solch eine Tierverehrung ja ein Absinken in einen primitiven Kult?! Ist sie aber dennoch nicht; die Komplexität des Glaubens an das Göttliche, das Überirdische schlechthin, untermauert dies. "So steht die Frömmigkeit, die sich im Tierkult bestätigt, im Zeichen einer Polarität, die uns weithin verhüllt bleibt, die aber doch nach Möglichkeit aufgedeckt werden muß, da sich von ihr aus, das Urteil über den Tierkult und seine jeweilige Höhenlage bestimmt" (H. Bonnet).

Während den großen Landesfesten im Alten Ägypten, wie Thotfeste, Neujahrsfeste, Krönungsfeste, Sokar-Osiris-Feste, u.a., bedurfte es einer sicherlich nicht minderen Anzahl an heiligen Tieren, die auch geopfert wurden. Insofern gab es regelrechte Aufzuchtstationen für bestimmte Tiere, je nach örtlicher Gegebenheit. Offensichtlich wurden die Tiere aber auch innerhalb des Landes zu ihren Kultorten transportiert. Herodot berichtete schon, dass tote Tiere aus dem ganzen Land zu den heiligen Tiernekropolen geschafft wurden. Die Verehrung von Tiergottheiten, bzw. die Verehrung von lebenden Tieren oder der Tierstatuen sowie die Aufzucht und damit verbundene rituelle Tötung und Bestattung, aber auch die Haltung von "heiligen Tieren", war für die tägliche Regeneration und Erhaltung der Schöpfung unabdingbar.

Abb. links: In Tuna el-Gebel, Tiernekropole; Kultstelle für die heiligen Tempelpaviane von Hermopolis.
(Foto: Tuna e.V.)

Besondere Priester hielten in speziellen Kammern vor den Paviangöttern einen eigenen Kultdienst ab. Diese Kammer wurde bald zu einem Orakelraum umgebaut für den Pavian Thoteus. Priester versammelten sich an den Orakeltagen unterirdisch in den Galerien.



Die wichtigsten Tiernekropolen

Ort

Bestattete Tiere

Abydos

Ibisse, Falken

Armant

Stiere (Buchis)

Assiut

Hunde, Schakale

Bubastis

Katzen, Spitzmäuse

Dendera

Ibisse, Falken, u.a.

El-Hibe

Krokodile

Elephantine

Widder

Esna

Fische, Krokodile

Fayum (mehrere Orte)

Krokodile

Gebelein

Krokodile

Hawara

Krokodile

Heliopolis

Stiere (Mnevis), Ibisse, u.a.

Hu

Ibisse, Katzen, Falken, Hunde

Kanopus

Ibisse

Kom el-Hisn

Rinder

Kom Ombo

Krokodile, Schlangen, Falken, u.a.

Koptos

Hunde, Katzen

Letopolis

Krokodile, Spitzmäuse

Mendes

Widder

Sais

Kleintiere

Sakkara

Stiere (Apis), Katzen, Hunde, Schakale,
Falken, Ibisse, u.a.

Tehne

Widder, Krokodile

Theben

Ibisse, Falken, Krokodile, u.a.

Tell Abu Yasin

Stiere, Ibisse

Tuna el-Gebel

Ibisse, Falken, Paviane, u.a.

Speos Artemidos

Katzen, Hunde

Quelle: Fachzeitschrift Kemet 4 / 2004; nach Kessler



Götter / Hauptkultort / Heiliges Tier

Gott

Hauptkultort

Heiliges Tier

Amun-Re

Theben

Widder, Gans

Anubis

Kynopolis

Wildhund

Atum

Heliopolis

Mnevis-Stier, Aal

Bastet

Bubastis

Katze

Chepre

Heliopolis

Skarabäus

Chnum

Elephantine

Widder

Harachte

Heliopolis

Falke

Horus

Edfu

Falke

Hathor

Dendera

Kuh

Heket

Abydos

Frosch

Herischef

Herakleopolis

Widder

Isis

Iseion (bei Busiris)

-

Mahes

Bubastis, Leonpolis

Löwe

Min

Koptos, Panopolis

-

Month

Medamud, Tod, Armant

Buchis-Stier

Mut

Theben

-

Nechbet

Hierakonpolis

Geier

Neith

Sais

-

Nephthys

Diospolis parva

-

Pachet

Speos Artemidos

Löwin

Ptah

Memphis

Apis-Stier

Re

Heliopolis

Mnevis-Stier

Sachmet

Theben, Letopolis, Memphis

Löwin

Selkis

Qedem (Delta)

Skorpion

Seth

Ombos, Auaris

-

Sobek

Fayum

Krokodil

Tefnut

Leontopolis

Löwin

Thoeris

Deir el-Medine, Oxyrhynchos

Nilpferd

Thot

Hermopolis

Ibis, Pavian

Uto (Wadjet)

Buto

Uräusschlange

Quelle: "Das Tier im Alten Ägypten", R. Germond und KEMET 4/2004

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